Die Elektronen eines Atoms sind in aufeinanderfolgenden Elektronenschalen verteilt, von denen jede eine maximale Anzahl von Elektronen enthalten kann (2, 8, 18, 32, 50, 72 Elektronen, je nach Schale). Die Valenzschale ist die äußerste Schale, am weitesten vom Kern entfernt. Die Elektronen in dieser Schale sind weniger stark durch elektrostatische Anziehung an den Kern gebunden als die in den inneren Schalen. Folglich reicht eine geringe Energiemenge aus, um sie vom Atom zu lösen oder von einem Atom zum anderen zu bewegen.
Kupfer hat 29 Protonen und daher 29 Elektronen, die wie folgt verteilt sind: 2 Elektronen in der ersten Schale, 8 in der zweiten, 18 in der dritten, insgesamt 28 Elektronen, die stark an den Kern gebunden sind. Das 29. Elektron ist allein in der vierten Schale, viel weiter vom Kern entfernt und daher schwach gebunden. Es sind die Elektronen in der äußeren Schale (Valenzschale), die zu freien Elektronen werden und somit leicht beweglich sind.
In einem Metall sind die Valenzelektronen bereits bei Raumtemperatur frei. Sie bewegen sich zufällig und ungeordnet durch die gesamte Metallstruktur (Brownsche Bewegung). Ihre thermische Geschwindigkeit ist sehr hoch (~10⁶ m/s), aber ohne bevorzugte Richtung, sodass die durchschnittliche Nettoverschiebungsgeschwindigkeit null ist. Es gibt daher keinen elektrischen Strom, da sich die Bewegungen statistisch aufheben.
N.B.: Die Potenzialdifferenz (Spannung) befreit die Elektronen nicht (sie sind bereits frei), sondern gibt ihnen eine bevorzugte Richtung vor.
| Jahr | Wissenschaftler | Vorgeschlagenes Modell | Beiträge und Grenzen |
|---|---|---|---|
| 1900 | Paul Drude | Klassisches Modell des freien Elektrons Valenzelektronen bewegen sich frei wie ein Gas klassischer Teilchen im Metall | Beiträge: Erklärt das Ohmsche Gesetz und die elektrische Leitfähigkeit Grenzen: Vorhersage der spezifischen Wärme von Metallen ist falsch und erklärt nicht die Variation der Leitfähigkeit mit der Temperatur |
| 1927 | Arnold Sommerfeld | Quantenmodell des freien Elektrons Wendet die Fermi-Dirac-Quantostatistik auf das freie Elektronengas an | Beiträge: Korrigiert das Problem der spezifischen Wärme, erklärt, warum nur wenige Elektronen an thermischen Eigenschaften teilnehmen Grenzen: Ignoriert noch die periodische Struktur des Kristallgitters |
| 1928 | Felix Bloch | Bändertheorie Elektronen bewegen sich im periodischen Potenzial, das durch die Atome des Kristallgitters erzeugt wird, was den durchschnittlichen Effekt der elektrostatischen Kraft darstellt, die von den Ionen auf die Elektronen ausgeübt wird | Beiträge: Erklärt den Unterschied zwischen Leitern, Halbleitern und Isolatoren durch erlaubte und verbotene Energiebänder Hinweis: Aktuelles Modell in der Festkörperphysik |
Paul Karl Ludwig Drude (1863-1906) stellte sich freie Elektronen als winzige feste Kugeln vor, die sich durch das Metall wie Gasmoleküle bewegen. Diese "Elektronenkugeln" prallen von den Atomen des Metallgitters ab, ähnlich wie Billardkugeln auf einem Tisch mit festen Hindernissen.
Geistiges Bild: Eine Wolke kleiner Kugeln, die in alle Richtungen innerhalb des Metalls fliegen, mit Atomen und untereinander kollidieren, genau wie die Moleküle eines in einer Flasche eingeschlossenen Gases.
Was dieses Modell erklärt: Das Ohmsche Gesetz und die grundlegende elektrische Leitfähigkeit. Wenn ein elektrisches Feld angelegt wird, driften die Kugeln sanft in eine bevorzugte Richtung, während sie ihre ungeordnete Bewegung fortsetzen.
Problem: Wenn sich Elektronen wie klassische Kugeln verhalten würden, müssten Metalle viel mehr Wärme absorbieren, als sie es tatsächlich tun. Das Modell sagt auch nicht gut voraus, wie sich der elektrische Widerstand mit der Temperatur ändert.
Arnold Johannes Wilhelm Sommerfeld (1868-1951) gab das Bild der klassischen Kugeln auf und wandte die Quantenmechanik auf das Elektronengas an. Elektronen sind keine einfachen Kugeln mehr: Sie gehorchen dem Pauli-Prinzip, das besagt, dass zwei Elektronen nicht genau denselben Quantenzustand besetzen können.
Geistiges Bild: Stellen Sie sich eine riesige menschliche Pyramide vor, bei der jede Person ein Elektron darstellt und eine einzigartige Position einnimmt (Pauli-Prinzip). Die unteren Ebenen sind vollständig gefüllt und fixiert: Es ist unmöglich, dass sich diese Personen bewegen, ohne die gesamte Struktur zu destabilisieren. Nur die Personen auf den oberen Ebenen, in der Nähe der Spitze (der Fermi-Energie), haben die Bewegungsfreiheit, die notwendig ist, um ihre Position zu ändern. Bei Raumtemperatur sind etwa 99% der Elektronen in den unteren Ebenen "blockiert", und nur das oberste 1% kann tatsächlich an thermischen und elektrischen Phänomenen teilnehmen.
Was dieses Modell erklärt: Warum die spezifische Wärme von Metallen so niedrig ist, obwohl sie Milliarden freier Elektronen enthalten. Nur ein winziger Bruchteil der Elektronen (etwa 1% bei Raumtemperatur) kann thermische Energie absorbieren. Das Modell erklärt auch die thermische und elektrische Leitfähigkeit besser.
Problem: Dieses Modell behandelt das Metall immer noch als leeren Raum, in dem sich Elektronen frei bewegen, und ignoriert dabei völlig die geordnete und periodische Anwesenheit der Atome im Kristallgitter.
Felix Bloch (1905-1983) revolutionierte die klassische Sichtweise, indem er berücksichtigte, dass sich Elektronen nicht im leeren Raum bewegen, sondern im periodischen Potenzial, das durch die Atome des Kristallgitters erzeugt wird. Jedes Elektron "schwimmt" also in einem organisierten elektrostatischen Feld, was seine Verschiebungs- und Energieeigenschaften tiefgreifend verändert.
Geistiges Bild: Stellen Sie sich ein welliges Meer vor, in dem Fische (Elektronen) schwimmen. Die regelmäßigen Wellen repräsentieren das periodische Potenzial der Atome. Die Fische können sich nicht beliebig bewegen: Sie müssen den wellenförmigen Strukturen des Meeres folgen, einige Zonen sind verboten, andere begünstigen die Zirkulation. Dieses Bild veranschaulicht die Bildung von erlaubten und verbotenen Energiebändern im Metall.
Was dieses Modell erklärt: Elektrische Leitung und die elektronische Struktur von Festkörpern, einschließlich der Existenz von Leitungsbändern und verbotenen Bändern. Es erklärt viele mit der Quantenmechanik verknüpfte Phänomene, wie die Eigenschaften von Halbleitern und die Isolierung von Materialien.
Problem: Das Modell ist analytisch komplex zu behandeln und erfordert oft Näherungen oder numerische Berechnungen. Es bleibt theoretisch und abstrakt, um das individuelle Verhalten der Elektronen direkt zu visualisieren.
Das freie Elektron erweist sich als eine delokalisierte Quantität, wie eine Musiknote, die den gesamten Konzertsaal füllt und überall gleichzeitig präsent ist. Sein Verhalten wird vollständig durch die periodische Ordnung des Kristallgitters bestimmt, in dem sich die Atome in den drei Dimensionen des Raumes identisch stapeln.