Kometen stammen hauptsächlich aus zwei großen Reservoirs am Rande des Sonnensystems: dem Kuipergürtel und der Oortschen Wolke. Ihr Ursprung und ihre Entwicklung hängen mit der Gravitationsdynamik des frühen Sonnensystems und der Verteilung von Eis in kalten Regionen zusammen.
Der Kuipergürtel ist eine scheibenförmige Region jenseits der Neptunbahn, zwischen 30 und 50 Astronomischen Einheiten (AE) von der Sonne entfernt. Es enthält Milliarden kleiner Eiskörper.
Die Oortsche Wolke ist eine hypothetische Gravitationssphäre, die das Sonnensystem in einer Entfernung von etwa 100.000 AE umgibt. Es würde aus mehreren Milliarden kleinen Eiskörpern bestehen.
Am 21. September 2012 entdeckten zwei Amateurastronomen, Artyom Novichonok (Russland) und Vitali Nevski (Weißrussland), mit dem Teleskop des International Scientific Optical Network (ISON) in der Nähe von Kislowodsk ein besonders helles Objekt. Dieser offiziell katalogisierte Komet C/2012 S1 (ISON) weckt sofort das Interesse der wissenschaftlichen Gemeinschaft: Seine stark elliptische Flugbahn lässt darauf schließen, dass es sich um einen neuen dynamischen Kometen handelt, der aus der Oortschen Wolke kommt und zum ersten Mal auf die Sonne zusteuert.
Komet ISON folgt einer sehr exzentrischen Umlaufbahn (e ≈ 1), typisch für langperiodische Kometen, die aus der Oortschen Wolke stammen. Sein Durchgang am Perihel war für den 28. November 2013 in einer Entfernung von etwa 1,16 Millionen Kilometern von der Sonnenoberfläche (d. h. 0,0124 AE) geplant. Es wurde dann erwartet, dass es mit sehr hoher Geschwindigkeit (etwa 377 km/s) an der Sonne vorbeistreicht und dabei einer extremen Erwärmung ausgesetzt wird, wodurch wahrscheinlich ein großer Teil seines flüchtigen Eises verdampft und ein möglicherweise spektakuläres Haar freigesetzt wird.
Aus physikalischer Sicht schätzten erste Beobachtungen, dass der Kern des Kometen einen Durchmesser zwischen 1 und 2 km hatte. Die flüchtigen Verbindungen, die es unter dem Einfluss der frühen Sonneneinstrahlung freisetzte (Wasser, Kohlendioxid, Staub), schienen besonders reichlich vorhanden zu sein, was die Hypothese eines spektakulären Helligkeitsausbruchs bei seiner Annäherung an die Sonne bestärkte.
Nach seiner Entdeckung nannten einige Astronomen ISON den „Kometen des Jahrhunderts“. Orbitalprojektionen deuteten darauf hin, dass er so hell oder heller als der Vollmond werden und sogar am helllichten Tag sichtbar sein könnte, ein äußerst seltenes Phänomen. Die Begeisterung breitete sich schnell aus, angeheizt durch historische Vorbilder wie den Kometen Ikeya-Seki (1965) oder Hale-Bopp (1997).
Die Hoffnungen waren umso größer, als erwartet wurde, dass die Sichtbarkeit im Herbst 2013 noch mehrere Wochen andauern würde, sowohl für Beobachter von der Nordhalbkugel als auch von der Südhalbkugel. Für Wissenschaftler bot ISON auch eine einzigartige Gelegenheit, die ursprüngliche Zusammensetzung eines Objekts in der Oortschen Wolke zu untersuchen, die sich seit der Entstehung des Sonnensystems kaum verändert hat.
Leider löste sich der Komet ISON Ende November 2013, als er sich seinem Perihel näherte, durch die starke Hitze der Sonne auf. Von den SOHO- und STEREO-Sonden aufgenommene Bilder zeigten eine allmähliche Löschung seines Kerns, so dass nur noch eine diffuse Spur zurückblieb. Das Ereignis erregte sicherlich weltweite Aufmerksamkeit, doch das erwartete visuelle Spektakel von der Erde aus fand nie statt.
Trotz dieses Zerfalls stellte der Komet ISON eine wertvolle Gelegenheit dar, thermische und dynamische Modelle von Kometenkernen zu testen. Es diente auch als Prüfstand für Sonnenbeobachtungsinstrumente und für die Zusammenarbeit zwischen Profis und Amateuren auf der ganzen Welt.