 
 Vulkane, Symbole der Zerstörung und des Chaos, könnten durchaus die unbekannten Architekten des Lebens auf der Erde sein. Weit entfernt von dem rein katastrophalen Bild, das wir oft mit ihnen verbinden, hätten diese geologischen Titanen vor etwa 3,5 bis 4 Milliarden Jahren eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der ersten Lebensformen gespielt. An der Schnittstelle von Feuer und Wasser hätte die präbiotische Chemie unter extremen Temperatur- und Druckbedingungen ihr natürliches Labor gefunden und einfache Moleküle in Grundbausteine des Lebens verwandelt.
Vulkanische Umgebungen bieten eine einzigartige Kombination von Bedingungen, die die Synthese komplexer organischer Moleküle begünstigen. Es gibt hauptsächlich zwei Arten von Umgebungen:
Eine gute Möglichkeit, sich das vorzustellen, besteht darin, Vulkane mit einem zu vergleichenriesige Chemieküche. Geschmolzenes Gestein dient als Kochplatte, Meerwasser liefert die Brühe und Mineralien dienen als Gewürze. Aus dieser chaotischen, aber energiereichen Mischung entstanden die ersten molekularen Bausteine.
Hydrothermale Quellen oder „Schwarze Raucher“ sind geothermische Quellen in der Nähe von Meereskämmen. Diese Strukturen setzen mineralreiche Flüssigkeiten (Eisensulfide, Nickel, Mangan) bei Temperaturen von bis zu 400 °C frei.
Auch auf den Landoberflächen der frühen Erde sorgten Vulkanbecken, Geysire und heiße Quellen für geeignete Bedingungen. Diese Medien hatten den Vorteil von Benetzungs-/Trocknungszyklen, die organische Vorläufer konzentrieren und Kondensationsreaktionen fördern konnten, die für die Bildung biologischer Polymere unerlässlich sind.
Das Miller-Urey-Experiment (1953) zeigte, dass elektrische Entladungen in einer reduzierenden Atmosphäre Aminosäuren produzieren können. Vulkanische Umgebungen bieten ähnliche Bedingungen mit Blitzen in Vulkanwolken und elektrochemischen Gradienten an Grenzflächen zwischen Flüssigkeiten unterschiedlicher Zusammensetzung.
Die Wände von Mikrokompartimenten in porösem Vulkangestein könnten als Vorbilder für die Bildung der ersten Lipidmembranen gedient haben. In ähnlicher Weise hätten die mineralischen Oberflächen von Tonen und Metallsulfiden die Polymerisation von Nukleotiden zu primitiver RNA katalysiert.
| Umgebungstyp | Temperatur | Chemische Vorteile | Nachteile/Einschränkungen | 
|---|---|---|---|
| Alkalische hydrothermale Quellen | 70-150°C | Steile pH-Gradienten, katalytische Mineralien, poröser Einschluss | Möglicher thermischer Abbau fragiler Moleküle | 
| Säureschwarze Raucher | 300–400 °C | Hohe Energieaufnahme, reduzierte Mineralien | Extreme Bedingungen, zerstörerische Säure | 
| Terrestrische Vulkanbecken | 50-100°C | Konzentrations-/Verdünnungszyklen, Zugang zur Atmosphäre | Umweltinstabilität, UV-Exposition | 
| Oberflächliche Magmakammern | >400°C | Maximale Geothermie, Mineralienvielfalt | Für die meisten organischen Moleküle sind die Bedingungen zu extrem | 
Quelle: Angepasst von Russell et al. (2014) „Der Antrieb zum Leben auf nassen und eisigen Welten“ und Martin et al. (2008) „Hydrothermale Quellen und der Ursprung des Lebens“.
Auf der frühen Erde mussten sich einfache organische Moleküle verbinden, um die ersten Bausteine des Lebens zu bilden. Dieser Prozess erfordert sowohl aUnterstützungdie Moleküle zusammenzubringen undEnergiethermodynamische Barrieren zu überwinden. Mehrere natürliche Umgebungen konnten diese Rolle eines „geologischen Labors“ übernehmen und bieten jeweils besondere, für die präbiotische Chemie günstige Bedingungen.
Diese fünf Beispiele zeigen, wie die frühe Erde gleichzeitig das liefern konntechemische Inhaltsstoffe, DERKatalysatorträgerund dieEnergienotwendig für die Bildung der ersten Bausteine des Lebens. Jede Umgebung spielte eine komplementäre Rolle und trug dazu bei, das anfängliche molekulare Chaos in organisierte Chemie umzuwandeln, ein wesentlicher Schritt zur Entstehung von Leben.
Zahlreiche Laborexperimente haben das Potenzial vulkanischer Umgebungen für die präbiotische Chemie bestätigt. Forscher haben beispielsweise die Bedingungen hydrothermaler Quellen nachgebildet und die spontane Bildung von Lipid-Mikrokügelchen und die Polymerisation von Nukleotiden beobachtet. Die Untersuchung hyperthermophiler Archaeen – Organismen, die unter extremen Bedingungen leben – legt nahe, dass die letzten gemeinsamen Vorfahren (LUCA) an hohe Temperaturen angepasst sein könnten, was die Hypothese eines vulkanischen Ursprungs des Lebens untermauert.
Wenn Vulkane tatsächlich eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Lebens auf der Erde spielten, deutet dies darauf hin, dass ähnliche Umgebungen anderswo im Sonnensystem Lebensformen beherbergen könnten oder unterstützt haben. Eismonde wie Europa (Jupiter) und Enceladus (Saturn) zeigen unter ihren Eiskrusten Anzeichen hydrothermaler Aktivität. Ebenso lässt die intensive vulkanische Vergangenheit des Mars die Möglichkeit zu, dass dort Leben in inzwischen verschwundenen Umgebungen entstanden sein könnte.
Nicht alle Wissenschaftler sind sich darüber einig, wo genau das Leben seinen Ursprung hat. War es in einem tiefen Ozean in der Nähe eines Vulkans, in einer heißen Pfütze, die der Sonne ausgesetzt war, oder wurde es sogar von Meteoriten mitgebracht? Sicher ist, dass Vulkane einen wesentlichen Teil des chemischen Treibstoffs lieferten, der dieses Abenteuer befeuerte.